Rezension

Opanayiko II – Ein Lehrer der Tat


Buchbesprechung Alfred Weil 4/2008

Ein zweites gewichtiges Buch der BGM-Studiengruppe, dessen Texte „hinführend“ (opanayiko) sind. Wohin? Zur Befreiung, zur Erlösung, zum Nirvana! Der Untertitel verrät, unter welchem Vorzeichen diesmal die Quellentexte aus dem Palikanon ausgesucht und aufbereitet wurden: Die Herausgeber stellen den Buddha als „Lehrer der Tat“ vor und rücken damit das Thema „Karma“ in den Mittelpunkt.

Die Besonderheit der buddhistischen Karma-Lehre umreißt der ehrwürdige Buddhadasa in einem Einführungstext sinngemäß so: Religiöse Traditionen empfehlen, ethisch unangemessenes Handeln aufzugeben und sich stattdessen moralisch einwandfrei zu verhalten. Doch „das Böse zu lassen und das Gute zu tun“ ist bei weitem nicht genug. Aus buddhistischer Sicht geht es darum, letztlich auch über das Gute hinauszuwachsen und damit über jedes Handeln, das noch karmische Folgen zeitigt.

Um das genauer zu verstehen, ist der Leser eingeladen, nacheinander drei Schritte zu gehen. Das Buch beschreibt zunächst Karma als ein universelles Daseinsgesetz: Handeln und Erleben sind wie Saat und Ernte. Was du in die Welt schickst, kehrt zu dir zurück, Heilsames wie Unheilsames. Der zweite Teil fragt folgerichtig nach den praktischen Konsequenzen hieraus und wendet sich ethischen Fragen zu: Was soll man tun und was besser lassen? Wie handele ich zu meinem eigenen Wohl und dem aller anderen? Schließlich kommt es darauf an, nach diesen zentralen, aber noch immer relativen Wahrheiten die tiefsten Aussagen des Erwachten kennen zu lernen: Welche Kräfte sind es denn, die immer wieder „Ich“ und „Welt“ und damit leidvolle Erfahrungen erscheinen lassen? Und wie ist ein Ende des Daseinskreislaufs, wie ist Freiheit möglich?

Zu den drei Schwerpunkten des Buches haben die Herausgeber je einen zentralen Text ausgewählt: Majjhima Nikaya 136, Digha Nikaya 31, Majjhima Nikaya 2. Sie werden durch viele weitere – kürzere und längere – Suttentexte ergänzt, die uns mit zahlreichen Einzelaspekten vertraut machen und die differenzierte Darstellung abrunden. Wir erfahren allerdings nicht, in welcher Übersetzung wir die Worte des Buddha jeweils vor uns haben.

Einführende Texte von Ajahn Buddhadasa und Ajahn Lee Dhammadharo erleichtern das Verständnis der drei Schwerpunkte. Hinzu kommen wenige eher und zurückhaltende Erläuterungen und Kommentare der Herausgeber selbst. Sie wollen zur weiteren Reflexion anregen und zugleich auf einen wichtigen Unterschied aufmerksam machen: zwischen den authentischen Quellentexten mit ihren verlässlichen Aussagen und den Interpretationsspielräumen, die sich aus ihnen durchaus ergeben; z.B. bei der zentralen Frage, ob der Buddha tatsächlich „Karma den Platz von nur einer der die Erlebnisqualität bestimmenden Gesetzmäßigkeiten zuwies“ (S. 102).

Opanayika II ist ein wertvolles Studien- und Nachschlagewerk. Für Anfänger dürfte es eher eine Herausforderung sein, aber für jeden, der sich gründlich mit der Thematik auseinandersetzen möchte, ist das Buch eine überreiche Fundgrube und eine sehr willkommene Hilfe.

Alfred Weil

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